Michael Donth MdB

Sterbehilfe in Deutschland – die schwierige Neuregelung

Michael Donth im Austausch mit Mitarbeitern des Hospizes Veronika

In Deutschland darf niemand einem sterbewilligen Menschen eine Giftspritze verabreichen. Die Tötung auf Verlangen ist verboten. Der sogenannte assistierte Suizid hingegen ist gesetzlich zulässig. Betroffene können also zum Beispiel einen Angehörigen, Bekannten oder eine Ärztin bitten, eine tödliche Substanz zu beschaffen. Das Gift muss der Sterbewillige selbst nehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil 2020 klargestellt.

Zwischen 2015 und 2020 machte der Paragraf 217 im Strafgesetzbuch diese Hilfe zur Selbsttötung quasi unmöglich. Wer jemandem „geschäftsmäßig“ dabei half, sich das Leben zu nehmen, musste mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. Das Gesetz sollte vor allem die Sterbehilfevereine stoppen, die regelmäßig Hilfe zum Suizid leisteten. 2020 wurde der Paragraf für nichtig erklärt und das Bundesverfassungsgericht machte bei der Urteilsverkündung klar: Jeder darf selbst bestimmen, wann, aus welchem Grund und wie er aus dem Leben scheidet und darf dazu auch jegliche Unterstützung bekommen. Damit ist die „geschäftsmäßige“ Suizidhilfe grundsätzlich wieder straffrei. Regelungen zum Schutz der Freiverantwortlichkeit der suizidwilligen Person fehlen.

Der Gesetzgeber ist in dieser ethisch schwierigen Debatte gefordert und will ein Regelungskonzept schaffen. Denn der Staat hat eine Schutzpflicht. Diese Schutzpflicht beinhaltet, dafür Sorge zu tragen, dass der Entschluss zur Selbsttötung nicht nur auf einer vorübergehenden Lebenskrise oder einer Einflussnahme beruht und keine psychische Erkrankung oder eine mangelnde Aufklärung und Beratung dem Selbsttötungsentschluss zugrunde liegt.

Derzeit werden im Deutschen Bundestag drei fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe zu dieser Neuregelung debattiert.

Der Tod, Todeswünsche und der Sterbeprozess sind beim Hospiz Veronika in Eningen alltäglich. Die aktuelle Diskussion haben die Hospizleitung Andreas Herpich und der langjährige Mitarbeiter im Pflegedienst Stefan Braun zum Anlass genommen, den CDU-Abgeordneten Michael Donth wieder ins Hospiz einzuladen und ihre Erfahrungen vom Umgang mit Sterbenden zu schildern.

Das Hospiz Veronika gibt es seit 20 Jahren, annähernd 2000 Sterbende wurden liebevoll und ganz individuell auf ihrem letzten Lebensweg begleitet. „Todeswünsche sind bei uns Alltag. Der konkrete Wunsch nach Sterbehilfe ist aber sehr selten“, so der Leiter des Hospizes Andreas Herpich. Todeswünsche werden im Hospiz thematisiert und ernst genommen. Die Pflegerinnen und Pfleger suchen ganz individuelle Wege, Leiden zu lindern, die an den Lebensimpulsen der Menschen ausgerichtet sind. Menschen, die den Weg eines assistierten Suizides gehen möchten, werden von den Mitarbeitern beraten. Dabei werden zusammen mit den Fachärzten alle medizinischen Wege ausgelotet, um für den Sterbenden seinen letzten Weg erträglich zu gestalten. Eine Assistenz bei Suizid wird im Hospiz Veronika weder durchgeführt, noch geduldet. Die palliative Medizin und die tiefe Beziehung zum Sterbenden werden von Andreas Herpich und Stefan Braun immer wieder besonders intensiv hervorgehoben. „Wir wollen die Gesellschaft nicht missionieren, fühlen uns aber aufgefordert, die Menschen aufzuklären. Die Palliativmedizin kann auf die Wünsche des Sterbenden eingehen. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass das Leben bis zur letzten Sekunde wertvoll ist“, so der langjährige Pfleger Stefan Braun.

„In all den Jahren unserer Arbeit gab es bisher keine Situation, in der nicht ein gemeinsamer Weg unter Wahrung der Werte des Hospizes und der Wünsche unserer Bewohner gefunden werden konnte. Wirken alle Maßnahmen zur Leidenslinderung nicht ausreichend, können wir die Möglichkeit einer palliativen Sedierung nutzen. Sie kann helfen, dass Menschen ihre Situation bis zum Tod ertragen können“, so Andreas Herpich. Stefan Braun fordert den natürlichen Sterbeprozess zuzulassen. Er gehöre zum Leben wie die Geburt und sei ein normaler körperlicher Prozess, auch wenn die Gesellschaft dies gerne verdränge.

Auch Michael Donth ist dafür,  die Suizidprävention zu stärken und selbstbestimmtes Leben bis zum Ende zu ermöglichen. Er unterstützt deshalb den Gesetzesentwurf um die Abgeordneten Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) sowie den dazugehörigen Antrag, die Suizidprävention zu stärken. Der Gesetzentwurf, den Michael Donth unterstützt,  ist restriktiver gefasst, als die anderen beiden diskutierten Entwürfe. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und das Recht, dabei Hilfe in Anspruch zu nehmen, betont, führte der Abgeordnete aus. Dennoch dürfe Selbsttötung nicht zu einem gesellschaftliche Normalfall werden und Suizidassistenz nicht zu einer gewöhnlichen Dienstleistung. Denn dies setze Menschen in Notsituationen unter Druck – etwa weil man ja niemandem zur Last fall will.

Der vorgeschlagene Gesetzentwurf sieht ein abgestuftes und ausgewogenes Schutzkonzept vor, das die Autonomie und Freiverantwortlichkeit gewährleistet. Assistierter Suizid wird damit unter Bedingungen ermöglicht, aber nicht gefördert. „Nach meiner tiefen christlichen Überzeugung soll ein Suizid die absolute Ausnahme sein, nicht aber auf der normalen Tagesordnung unserer Gesellschaft stehen“, so Michael Donth.

Den Gesetzesentwurf der Abgeordneten Prof. Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling und weiteren finden Sie hier:

https://dserver.bundestag.de/btd/20/009/2000904.pdf

Den Antrag zur Stärkung der Suizidprävention finden Sie hier:

https://dserver.bundestag.de/btd/20/011/2001121.pdf

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