Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof

In abschließender zweiter und dritter Lesung befassen wir uns in dieser Woche mit dem Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof. Massenverfahren stellen eine große Belastung für die betroffenen Zivilgerichte dar. Solche Verfahren, die etwa im Zusammenhang mit Verbraucheransprüchen aus dem Diesel-Skandal oder unzulässigen Vertragsklauseln entstehen, stellen oft wiederholt dieselben rechtlichen Fragen. Durch ein Leitentscheidungsverfahren soll der Bundesgerichtshof in einem Musterfall verbindlich entscheiden, sodass gleichgelagerte Verfahren schneller abgeschlossen werden können. Wird in einem Massenverfahren Revision eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof dieses Verfahren zu einem Leitentscheidungsverfahren bestimmen. Der Bundesgerichtshof entscheidet über die Rechtsfragen in Form der Leitentscheidung auch dann, wenn die Parteien die Revision zurücknehmen oder sich das Revisionsverfahren auf andere Weise erledigt. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Massenverfahren stellen ohne Frage ein großes Problem für die Justiz dar. Wir haben das bekannte Problem bereits in einem eigenen Antrag aufgegriffen (Drs. 20/5560). Die dazu durchgeführte öffentliche Anhörung hat jedoch ergeben, dass Leitentscheidungsverfahren nicht der richtige Weg sind: Die Verfahren kommen nach dem Durchlaufen des Instanzenzuges erst viel zu spät beim Bundesgerichtshof an. Statt eines Leitentscheidungsverfahrens brauchen wir deshalb ein Vorabentscheidungsverfahren beim Bundesgerichtshof.

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