Liebe Leserin, lieber Leser,
am vergangenen Mittwoch hat sich die Welt grundlegend verändert. Am Morgen hat Donald Trump die Präsidentschaftswahl in den USA und auch die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses gewonnen. Am Abend kam dann, ähnlich erwartbar, aber doch überraschend, das Ampel-Aus – und das auch noch völlig würdelos. Nur, wer seiner Meinung ist, sei staatstragend und verantwortungsbewusst, so erklärte sich Bundeskanzler Scholz in seiner in weiten Teilen würdelosen Rede. Wer anderer Meinung als er ist, ist aus seiner Sicht charakterlos. Dabei hat Scholz wohl zuvor versucht, Minister Linder zu erpressen, damit er zustimmt die Schuldenbremse zu brechen. Das Ampel-Aus war von Scholz bereits genau vorgeplant, das erkennt man an seinem wohlformulierten Redetext. Ähnlich niederträchtig auch SPD-Fraktionschef Mützenich am Mittwochabend in den Tagesthemen: Scholz und die SPD hätten alles richtig gemacht und sich immer um den Zusammenhalt von Regierung und Land gekümmert. Aber die FDP und Herr Lindner! Schuld sind also nur die anderen – was für eine Kindergarten-Streiterei! Leiden die Sozialdemokraten alle unter Realitätsverlust? Es scheint so – sie haben ihrem Olaf ja auch am Mittwochabend nach dem Rauswurf von Finanzminister Lindner fleißig applaudiert, als er den SPD-Fraktionssitzungssaal betrat – wie wenn er eine Wahl gewonnen hätte. Nun, sollten die Sozialdemokraten an ihrem Olaf auch als Kanzlerkandidat festhalten – wir Christdemokraten würden uns darüber freuen!
Völlig realitätsfern und unvernünftig ist es auch, die Vertrauensfrage erst Mitte Januar zu stellen, wie es Scholz in eben dieser Rede verkündet hat. Das würde ein weiteres halbes Jahr Unsicherheit und Instabilität für unser Land bedeuten. Die Bürgerinnen und Bürger haben es nach drei Jahren Ampel satt, dieses Gehampel noch weitere Monate als Minderheitsregierung zu ertragen – zurecht! Schließlich ist die Ampel gescheitert, weil sie, das muss man mal ehrlich konstatieren, einfach schlecht war, unambitioniert, immer kleinster Nenner, immer voller Streit und gegenseitiger Missgunst.
Aber die Lage ist nun doch ernst, denn weder der Nachtragshaushalt 2024 noch der Haushalt 2025 sind bisher beschlossen, und mir fehlt auch die Vorstellungskraft, wie das noch gelingen soll. Denn wir von der Union sind keine billigen Mehrheitsbeschaffer für einen rot-grünen (Minderheitsregierungs-) Haushalt! Dieses Spiel werden wir nicht mitmachen. Staatspolitische Verantwortung fordert Scholz nur von den anderen. Wahre staatspolitische Verantwortung in dieser Situation wäre aber, so schnell wie möglich Neuwahlen zu ermöglichen.
Deswegen haben wir als CDU/CSU-Fraktion einstimmig beschlossen, dass Scholz die Vertrauensfrage bereits nächste Woche stellen sollte. Dann sind wir auch bereit, darüber zu reden, ob es wichtige Gesetze gibt, die unsere Unterstützung brauchen denn wir wollen und müssen Verantwortung übernehmen. So, wie wir das auch in den letzten drei Jahren getan haben: Bei vielen Gesetzentwürfen der Ampel-Bundesregierung, die wir als richtig und wichtig erachtet haben, haben wir als größte und konstruktive Oppositionsfraktion auch zugestimmt. Zum Beispiel bei den Änderungen der Verfassung für die Bundeswehr-Zeitenwende.
Und auch das 18-Seiten-„Scheidungs“-Papier mit den Forderungen für eine Wirtschaftswende, das Lindner der Bundesregierung vorgelegt hatte (und das von wem auch immer an die Presse durchgestochen wurde), kommt uns bekannt vor. Viele der dort aufgeführten Punkte, die die Wirtschaft wieder in Gang bringen sollen, haben wir selbst als Opposition schon als Anträge ins Plenum eingebracht – nur wurden sie mit fadenscheinigen Gründen alle von der Ampel-Mehrheit abgelehnt. „Das Papier von Christian Lindner legt schlicht dar, was zu tun ist, wenn Deutschland wieder auf Wachstumskurs kommen will“, kommentierte etwa Ifo-Chef Clemens Fuest. Die Erkenntnis, dass diese Punkte wichtig, mit rot und grün aber nicht durchsetzbar waren, zeigt einmal mehr, dass die Ampel schon länger in unterschiedliche Richtungen wollte. Nun ist ein Ende mit Schrecken besser als Schrecken ohne Ende – entsprechend sollte das „Regierungs-Koma“ nicht bis 15. Januar fortdauern. Das wäre sonst „politische Insolvenzverschleppung“, wie es Alexander Dobrindt am Donnerstag formulierte. Hoffen wir also auf ein zeitnahes Einsehen von Scholz, auf sein Besinnen auf seine eigene staatspolitische Verantwortung als Noch-Bundeskanzler, auch wenn ich bei seiner bekannten Sturheit hier Zweifel habe.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Ihr
Michael Donth MdB