Liebe Leserin, lieber Leser,
heute hat die linksgelbe Ampelregierung gegen die Opposition ihr neues Wahlrecht durchgeboxt. Das Wahlrecht ist das Wettbewerbsrecht der Parteien und sollte deshalb in großem parteiübergreifenden Konsens beschlossen werden. Das ist hier nicht der Fall.
Damit hat die Ampel ihre Maske fallen lassen und zeigt ganz klar, dass es ihr nicht um ein faires neues Wahlrecht geht, sondern darum, der Union zu schaden.
Die Grundmandatsklausel, die besagt, dass die Partei, die drei Wahlkreise direkt gewinnt, auch unter 5 Prozent in den Bundestag einzieht, hätte aus Sicht der Union nicht so bleiben müssen (das betrifft aktuell "DIE LINKE"). Aus unserer Sicht könnte diese Grundmandatsklausel auch höher angesetzt werden, also z. B. bei 5, oder 10 oder 15. Jetzt soll sie aber ersatzlos gestrichen werden. Das zielt auf die Linken, aber auch auf die Union und speziell auf die CSU.
Bei der letzten Bundestagswahl hatte die CSU, die nur in einem Bundesland, eben in Bayern antritt, dort 31,7 Prozent. Das sind bundesweit 5,2 Prozent. Hätte sie nur 30,2 Prozent der Stimmen erhalten, wäre sie bundesweit unter die 5 Prozent-Hürde gefallen. Damit dürfte nach dem neuen Wahlrecht keiner der 45 direkt gewählten, von den Wählern in ihren Wahlkreisen gewählten Abgeordneten in den Deutschen Bundestag einziehen. Die Erststimmen der Wähler in Bayern haben dann keinen Wert und die Bayerischen Wahlkreise wären im Parlament nicht direkt vertreten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich schrieb seiner Fraktion: "Heute haben wir die Möglichkeit, den entscheidenden Schritt zu machen, ohne von den Interessen einer Partei aufgehalten zu werden, die nur in einem Bundesland zur Wahl steht." Das zeigt die wahre Absicht.
Und dann wurde zu Beginn dieser Woche noch schnell die Höchstzahl der Abgeordneten von 598 auf 630 angehoben. Das wird dazu führen, dass etwa 1-2 Wahlkreisgewinnern weniger ihr Mandat gestrichen wird. Die weiteren 30 Abgeordneten werden von den Parteilisten kommen. Man hört, dies geschah auf Wunsch der FDP (die keinen Abgeordneten als direkt gewählten Abgeordneten im Deutschen Bundestag hat). Damit entsteht das "Wahlrecht des betrogenen Wählers", wie es einer meiner Kollegen richtigerweise nannte.
Ich wiederhole gerne nochmal, was ich schon früher geschrieben habe: auch wir wollen einen kleineren Bundestag. Wir haben dazu in der aktuellen Diskussion zwei konkrete eigene Vorschläge eingebracht. Der erste wurde ohne Diskussion abgelehnt (das echte 2-Stimmen-Wahlrecht). Der zweite mit einer Reduzierung der Wahlkreise von 299 auf 270 aber mit Beibehaltung, dass Wahlkreisgewinner natürlich in den Bundestag einziehen können, auch der wurde abgelehnt.
Die Bedeutung der Erststimme, mit der die Wähler vor Ort ganz konkret bestimmen, wer sie in Berlin vertreten soll, muss aus unserer Sicht weiterhin unbedingt erhalten bleiben. Das, was die linksgelbe Ampel nun beschlossen hat, verkehrt dieses Prinzip. Die Wahlkreisstimme hat keine Bedeutung mehr. Die Zweitstimme für die Parteilisten zählt alleine. Bei dieser wählt der Bürger aber die Partei, ohne konkret zu wissen oder Einfluss darauf zu nehmen, wer auf diesen Listen steht und danach in den Bundestag einzieht. Zutreffend bezeichnet es ein Focus-online-Artikel mit dem Titel "Die Ampel schmeißt die wahren Volksvertreter einfach aus dem Parlament", den ich Ihnen am Ende meines Editorials verlinkt habe.
Wir werden dieses Gesetz so nicht hinnehmen. Es ist weder fair, noch wird es die Politikverdrossenheit mindern, wenn es Wahlkreise ohne direkt gewählte Abgeordneten, ja sogar Wahlkreise, die überhaupt nicht im Deutschen Bundestag vertreten sein werden, geben wird. Die Wähler im Wahlkreis werden dadurch noch mehr den Eindruck haben, dass "die da oben in Berlin" gar nicht wissen, wie es "hier vor Ort" zugeht.
Deshalb habe ich aus voller Überzeugung das Gesetz abgelehnt. Heute ist kein guter Tag für unsere Demokratie in Deutschland.
Nachfolgend noch zwei interessante Focus-Online-Artikel dazu, die es zutreffend formulieren:
Ampel schmeißt die wahren Volksvertreter einfach aus dem Parlament - Eine Analyse von Ulrich Reitz
Die Ampel degradiert mit diesem Wahlrecht unsere Erststimme - Kommentar von Ulrich Reitz
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Michael Donth MdB