Liebe Leserin, lieber Leser,
letzte Woche hatte ich an dieser Stelle über das Agieren von Wirtschaftsminister Habeck in der Graichen-Affäre bzw. der Frage des grünen Filzes gesprochen. Nun ist Staatsekretär Graichen von seinem Chef, der vorher noch sein heftigster Verteidiger war, in die Wüste geschickt worden. Es war wohl der eine Fehler zu viel, wie Habeck sagte. Graichen wurde also nicht wegen der Protegierung seines Trauzeugen entlassen, sondern weil er dem Verein seiner Schwester 600.000 € Förderung zugeschanzt hat. Aus unserer Sicht ist der Grüne Filz im Wirtschaftsministerium aber noch nicht ausgemistet, die Sache noch nicht erledigt.
Medial und auch in meinen Bürgergesprächen spielte aber völlig zu Recht ein anderes Thema eine große Rolle, nämlich das chaotische Heizungsgesetz (auch aus dem Hause Habeck). Die Regierung hat mit Zustimmung aller Minister den Entwurf des Gesetzes, das ab 1. Januar nächsten Jahres gelten soll, beschlossen, dann aber von der Tagesordnung des Bundestages in dieser Woche genommen. Vorausgegangen war ein Ultimatum der SPD-Fraktion an ihren Partner, die FDP-Fraktion, den Grünen innerhalb von 24 Stunden zuzustimmen. Ein Vorgang, den es so nach meiner Erinnerung bislang in einer Regierungskoalition noch nie gab und viel über den Zustand und das Miteinander in dieser Koalition aussagt. Als Replik war von Minister Habeck zu vernehmen: „Ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält.“ Auch ein sensationeller Satz! Das Ganze ist umso fraglicher, weil die Reparatur des Gesetzes nur im Verfahren erfolgen kann, wenn die Politiker der Regierungskoalition dann in den parlamentarischen Debatten darüber reden und Veränderungen vornehmen. Ich weiß nun nicht, wie es hier weitergehen soll. Am besten wäre es wohl, Habeck zieht den Murks zurück und macht einen neuen und praktikablen Vorschlag. Wir haben dazu bereits ganz konkrete eigene Ideen vorgelegt. Da spricht aber dagegen, dass die Bundesregierung (einschließlich der vier liberalen Minister) diesen Entwurf bereits genau so beschlossen hat. Ich befürchte nur, dass die Koalition genau den vorliegenden Antrag in einer der nächsten Sitzungswochen vor der Sommerpause noch schnell auf die Tagesordnung setzten und durchpeitschen will. Für diese Woche wäre z.B. vorgesehen gewesen, am Freitag um 7 Uhr eine Anhörung der Fachverbände durchzuführen und deren Meinung und Kritik zum Entwurf anzuhören. Kurz darauf am selben Freitag hätte dann das Gesetz bereits beschlossen werden sollen. Das zeigt, dass die linksgelbe Ampel an der Expertise der Fachleute gar kein Interesse hat. Denn Erkenntnisse aus der Anhörung am frühen Morgen können rein technisch gar nicht mehr bis zur Beschlussfassung zwei bis drei Stunden später eingearbeitet werden. Die Anhörung sollte also nur angesetzt werden, um der Formalie zu genügen, nicht um das Wissen der vom Gesetz Betroffenen abzuholen. Die Ampel vermittelt den Eindruck: wir wissen es besser, kommt uns bloß nicht mit Fakten und Kritik!
Um das offen zu legen haben wir am Mittwoch eine aktuelle Stunde zu dem Thema beantragt, damit die Ängste und Sorgen der Millionen von Haus- und Wohnungsbesitzern im Land im Bundestag angesprochen werden.
Vieles bleibt wegen des Streits und der Uneinigkeit in der Ampel liegen, z.B. auch das Planungsbeschleunigungsgesetz. Ich ahne Schlimmes für die Sitzungswochen bis zur Sommerpause, wenn man dann hoppla-hopp Vieles noch durchpeitschen will.
Jetzt wünsche ich Ihnen aber zunächst ein schönes Pfingstfest und erholsame Tage.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Michael Donth MdB