Liebe Leserin, lieber Leser,
zunächst einmal möchte ich Ihnen noch ein gesundes, glückliches und zufriedenes neues Jahr 2023 wünschen, auch wenn man es mittlerweile nach Knigge nicht mehr soll.
Wir haben bereits die erste Sitzungswoche in diesem Jahr hinter uns. Gleich zu Beginn dieser Woche gab es zwei große Aufregerthemen, die natürlich auch uns im Parlament beschäftigt haben.
Zum einen der bereits am Freitag in den Medien durchgesickerte Rücktritt der Bundesverteidigungsministerin Christine Lamprecht (SPD) - ehrlicherweise war dieser von vielen Menschen im Land erwartet worden. Ich persönlich hatte in dem einen Jahr, indem sie in diesem Amt war den Eindruck, dass sie sich für das Amt und die Truppe nie ernsthaft interessiert hatte. Hinzu kamen mehrere Fettnäpfchen vom Hubschrauberflug mit ihrem Sohn über die 5.000 Helme für die Ukraine bis zuletzt zum Silvestervideo.
Dann kam am Dienstag die Nachricht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) in dieses Amt berufen hat. Für ihn spricht, dass er zehn Jahre Erfahrung in der Leitung einer großen Behörde auf Landesebene hat. Allerdings wurde zu Recht bemängelt, dass zwischen Rücktrittsankündigung von Lambrecht und Neuberufung von Pistorius doch einige Tage lagen, obwohl der Kanzler wohl schon vor zwei Wochen von dem geplanten Schritt wusste. Die Neuberufung von Pistorius und der Abschied der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt hat die Truppe durchweg positiv aufgenommen, wie mir berichtet wurde. Ich hoffe, dass Pistorius nun engagiert die vielen offenen Baustellen bei der Bundeswehr angeht.
Das zweite, heiß diskutierte Thema war der Gesetzentwurf der Ampelkoalition zur Wahlrechtsreform. Hierzu hatte ich Sie bereits in einem früheren Brief aus Berlin informiert. Im Unterschied zu damals soll nun doch keine dritte Stimme eingeführt werden. Allerdings erfolgt eine Umstellung des Wahlrechts, sodass zukünftig die Zweitstimme fast ausschließlich den Ausschlag gibt und die seitherige Erststimme, mit der die Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis gewählt werden, nur noch nachrangig ist. Für Baden-Württemberg würde das in Bezug auf das letzte Wahlergebnis bedeuten, dass in 12 der 38 Wahlkreise, also in etwa einem Drittel aller Wahlkreise unseres Landes, die Personen, welche den Wahlkreis gewonnen haben, nicht ins Parlament einziehen dürfen. Diese Stimmen der Bürger werden dadurch unter den Tisch fallen. Damit besteht ganz konkret die Gefahr, dass Wahlkreise nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten sein werden. Wenn dieses Gesetz von der Ampel so beschlossen wird, ist das eine klare Stärkung der Parteien und ihrer Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Parlaments über die Landeslisten. Ich persönlich und auch wir in der Union halten diese Abwertung der Wahlkreise und der Möglichkeit der Bürger mit ihrer Stimme direkt zu entscheiden, wer sie im Parlament vertritt, für schädlich. Wir befürchten, dass damit die Politikverdrossenheit noch weiter gefördert wird. Wir lehnen deshalb dieses Gesetz entschieden ab.
Wir sind nicht gegen eine Verkleinerung des Parlaments, auch wenn wir es in der letzten Legislaturperiode – das muss ich leider selbstkritisch sagen – nicht hinbekommen haben. Wir sind dagegen, dass jemand der im Wahlkreis gewinnt, deshalb nicht ins Parlament einziehen kann, weil ein anderer seiner Kollegen aus derselben Partei, bessere prozentuale Ergebnisse hatte. Wir haben verschiedene andere Vorschläge unterbreitet: von einem echten Zweistimmenwahlrecht bis hin zu einer weiteren Reduzierung der Wahlkreise. Die linksgelbe Ampelkoalition war aber bislang nicht bereit, darüber auch nur zu reden. Warten wir ab, was die Diskussionen in den kommenden Wochen dazu bringen werden.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Ihr
Michael Donth MdB