Michael Donth MdB, Plenarrede am 01.12.2022 zu TOP 28: Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes

Drs. 20/4684

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,


zu später Stunde beraten wir heute in erster Lesung den
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur 8. Änderung des
Regionalisierungsgesetzes. Zeit, uns diesen Entwurf einmal
genauer anzuschauen, hatten wir de facto noch fast keine. Das
werden wir aber noch tun, auch wenn wir wissen, dass auch
dies ein typisches Ampelgesetz ist: erst lange nichts, dann auf
den letzten Drücker und mit hohem Zeitdruck.


Kommen wir nun zum Inhalt: Das Jahr 2022 endet bei
Bundesverkehrsminister Wissing so, wie es begann: Bund und
Länder hangeln sich von einer Ministerpräsidentenkonferenz
zur Nächsten und am Ende kommt ein fauler Kompromiss
heraus. Dieser wird dann bei der darauffolgenden
Sonderverkehrsministerkonferenz wieder versucht,
auszubessern.


Die neueste Episode des Wissing’schen Dramas kommt heute:
Es wurde sich geeinigt, dass die Regionalisierungsmittel ab
2022 um 1 Milliarde Euro steigen und die jährliche
Dynamisierungsrate der Regionalisierungsmittel ab 2023 von
1,8 auf 3 Prozent erhöht werden. Damit will die
Bundesregierung den ÖPNV attraktiver machen und die
Fahrgastzahl „deutlich erhöhen“. Da frage ich mich schon: Ist
das Ihr Ernst? Staatssekretär Michael Theurer sagte im
Verkehrsausschuss diese Woche, es gehe zunächst einmal
darum, zu den Fahrgastzahlen von vor der Pandemie
zurückzukommen, da sind die schwachen Ambitionen der
Ampelregierung doch offensichtlich. Und alle Fachleute haben
vorgerechnet, dass es mindestens 1,65 Milliarden € braucht,
um nur den Status Quo zu halten – für den Ausbau braucht es
weitere 1,5 Milliarden Euro. Also 3 mal so viel!

Schon jetzt ist Streit vorprogrammiert, denn alle Beteiligten
wissen: Diese Erhöhung der Regionalisierungsmittel wird nicht
ausreichen, um den ÖPNV langfristig attraktiver zu machen und
vor allem die ländlichen Räume zu stärken. Es reicht auch
nicht, um ihn mittelfristig und auch nicht einmal, um ihn
kurzfristig zu verbessern. Einzig: die volle Aufmerksamkeit von
Herrn Wissing liegt wohl darauf, das 49-Euro-Ticket
durchzudrücken. Das Gesetz dazu wird auch noch kommen –
irgendwann. Und erneut werden Länder, Kommunen und
Unternehmen alleine gelassen. Gerade von einem ehemaligen
Landesminister Wissing sollte man etwas anderes erwarten.
Vielmehr stört mich aber, dass Sie sich auch mit diesem Gesetz
nur auf einen Teil der Fragen konzentrieren: nur mit mehr Geld
lösen wir die Probleme des ÖPNV nicht. Wo bleibt denn die
Definition von Qualitätskriterien und Standards für Angebote im
ländlichen Raum, die Sie im Koalitionsvertrag versprochen
haben? Wann legen Sie Konzepte vor, wie Mobilitätsangebote
in Stadt UND Land weiterentwickelt werden? Aber: Keine
inhaltlichen Antworten aus Ihrem Hause! Die einseitige
Mittelerhöhung greift viel zu kurz, das haben Ihnen die
Länderfinanzminister vorgestern erst wieder ins Stammbuch
geschrieben.


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